Buchbinderei Köster
Buchbinderei Köster
Jun
2009

Mehr als Bücher - Ein Buch ist mehr als nur ein Buch.

von Franziska Damm
Für Wolfgang Nieblich ist es eher Ausdrucksmedium und Kunstobjekt, das durch sein Schaffen in neue Zusammenhänge eingebunden wird und so den Betrachter zum Nachdenken anregt. Das Buch ist der Grundbaustein seiner Werke und Installationen und wird durch seine Kunst aus dem normalen Zusammenhang gerissen um so eine neue Art der Wahrnehmung zu schaffen. Nieblich will auf diese Weise dem alltäglichen Umgang mit Büchern etwas entgegensetzen das zum Hinsehen provoziert: Das gewohnte Medium Buch soll durch die Kunst wieder ungewöhnlich werden.
In seinen Werken und Installationen arbeitete Wolfgang Nieblich mit allem rund ums Buch: Er ‚spielt’ mit alten Einbände, Farben und Druckmaterialien oder schafft völlig neue Gegenstände nur aus Büchern. Er gibt Büchern neue Formen und formt mit ihnen Neues. Er verändert so in seinen Kunstwerken die eigentliche Funktion des Buches.
Aber auch Dinge, die im ersten Moment scheinbar gar nichts mit Büchern zu tun haben, bezieht er in seine Arbeiten mit ein. So verwendet Wolfgang Nieblich beispielsweise Einmachgläser, Fernseher und Metalle für seine Kunstwerke und bindet Bücher durch diese vielfältige, künstlerische Nutzung in völlig neue Zusammenhänge ein, die aber nur auf den ersten Blick nichts mit dem Thema Buch zu tun haben.
Eine seiner bekanntesten Installationen ist das „Buchweizenfeld“ von 1982. Dort lässt er das Getreide auf einem Nährboden aus Büchern anstatt Erde wachsen. Wolfgang Nieblich macht die Bücher hier zu etwas Fruchtbarem aus dem Leben entsteht. Der Weizen steht hier wohl für die Gedanken und Ideen, die durch jedes Buch hervor gebracht werden.
„Zutritt verboten“ heißt ein weiteres seiner Objekte, dass er 1992 in der Bibliothèque Aragon Choisy le Roi in Paris installierte. Hier wird die Treppe zu einem oberen Stockwerk durch Bücher auf den Stufen scheinbar versperrt. Allerdings sind diese Hindernisse so niedrig, dass man bequem darüber hin weg steigen kann. Das Buch kann so auf der einen Seite als Hindernis betrachtet werden und auf der anderen Seite als etwas, über das wir in unserem Alltag ständig stolpern, ihm aber kaum Beachtung schenken.
In seine Kunstwerken arbeitet Nieblich auch mit Farben: Er stellte aus farblich fast gleichen Bucheinbänden verschiedene „Farbfelder“ in gelb, orange, rot, grün und blau zusammen. Dort steht die jeweilige Farbe im Vordergrund. Der Buchtitel ist meist nicht erkennbar und wohl auch nicht wichtig. Vielmehr ordnet sich das einzelne Buch der Farbe der Gesamtkomposition unter und bekommt so eine neue Funktion.
Kurzbiographie:
Wolfgang Nieblich wurde 1948 in Reutlingen geboren. Er studierte nach der Schule zunächst Mathe, bevor er 1970 das Studium der Malerei und Grafik in West-Berlin begann. Seit 1973 wurden seine Werke in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt. Er ist außerdem noch als Bühnenbildner tätig.

Quellen:
Vom Umgang mit Büchern. Edition Wewerka, Berlin 1982.
Ohne ISBN. Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Leipzig 1997.
Lesebilder & Buchobjekte. Bibliothek der Freien Universität Berlin, Berlin 1984.
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