|  Irische Mönche waren es, die nach der Völkerwanderungszeit den  christlichen Glauben durch ihre Missionierung während des 5. bis 7.  Jahrhunderts in Europa verbreiteten. Die uralte irisch-keltische Kultur  vermischte sich mit den durch die Mönche von ihren Reisen mitgebrachten  Eindrücken. In dieser Zeit, bildeten irische Klöster einflussreiche  kulturelle und geistige Zentren Europas. Auf dem Höhepunkt irischer  Mönchskultur entstand ihr kostbarstes Werk das Book of Kells.
 Es wurde vermutlich im Kloster der Insel Iona, vor der schottischen  Westküste, um das Jahr 800 von unbekannten Künstlern geschaffen. Ein  erster Hinweis auf seine Existenz findet sich in einem Bericht von 1007  über einen Diebstahl in der Kirche von Kells, in die Prachtschrift »Das  große Evangeliar des Columcille, die Hauptreliquie der westlichen Welt«  genannt wird. Bald darauf wurde das in Kells vergrabene Buch wieder  gefunden. Es blieb in Kells, bis man es aus Sicherheitsgründen nach  Dublin brachte. Um 1661 übergab es Henry Jones, Bischof von Meath, dem  Trinity College. Seither wird es in dessen Bibliothek in Dublin gehütet  und ist heute auch für die Öffentlichkeit zu besichtigen. Das Book of Kells enthält vor allem die vier Evangelien.  Aber auch andere Texte fanden Aufnahme: etwa für das Kloster Kells  wichtige besitzrechtliche Urkunden. Der lateinische Text wurde in  insularer Halbunziale geschrieben, die wie auch die Illumination einen  Höhepunkt irischen Kunstschaffens darstellt. Einzigartige Fülle von Ornamenten und Farbe  Das Book of Kells enthält so manche Miniatur des frühen  Mittelalters, die zu den schönsten zählt, die je geschaffen wurde. Bis  auf zwei, sind alle 680 Seiten dieser Handschrift mit einer fast  unbeschreiblichen Fülle symbolträchtiger und mystischer Malerei  ausgeschmückt, die seit Jahrhunderten Betrachter in ihren Bann zieht.  Die Verzierungen sind von einem Einfallsreichtum gekennzeichnet, der  noch heute beeindruckt, auch durch die Verbindung verschiedener  Kulturen. Neben dem Kreuz als zentralem christlichem Symbol, finden sich  viele kunstvolle, ornamentale Verzierungen, Flechtwerk, dessen  Ursprünge in der Antike zu finden sind, verknüpft mit keltischen Spiral-  und Trompetenmustern.
  Wie wissenschaftliche Rekonstruktionen ergaben, war der Zeitaufwand  zur Herstellung eines derartigen Prunkwerkes, das ohne Zweifel nicht dem  alltäglichen Gebrauch dienen sollte, enorm. Die Klostergemeinschaft der  Insel Iona muss reich und bedeutend gewesen sein, denn zur  Fertigstellung einer Seite benötigte eine Person schätzungsweise einen  Monat. Allein 185 Kälber mussten geschlachtet werden, um aus deren Haut  das Pergament für das Buch fertigen zu können. Auch die verwendeten  Farben sprechen eine deutliche Sprache: Das wertvollste Pigment, für  verschiedene Blautöne benutzt, war Lapislazuli, das man damals nur von  einer einzigen Fundstelle in Afghanistan beziehen konnte. Roter  Farbstoff wurde aus der Kermesschildlaus gewonnen, die nur im  Mittelmeerraum zu finden ist.
  Das Book of Kells muss in einem  Skriptorium entstanden sein, das nicht nur über großen Reichtum, oder  einen großzügigen Gönner verfügt hat, sondern auch die Finessen der  Handschriftenherstellung beherrschte, denn nur mit einem äußerst  fundierten technischen Wissen und hervorragenden Kenntnissen über  vergangene und zeitgenössische Kunst war es möglich, eine solche Fülle  künstlerischer und symbolhafter Darstellungen zu schaffen. |